Beratung und Seelsorge swap_horiz

Unser Angebot der Beratung richtet sich an Menschen, die Konflikte in ihrer Geschlechtlichkeit und Sexualität erleben, sowie an Menschen, die mit Themen ihrer Persönlichkeit, ihres Selbstwertes, ihrer Emotionsregulation und ihrer Beziehungsfähigkeit ringen. In den vielen Jahren unserer Arbeit sind wir sehr vielen unterschiedlichen Menschen begegnet, die mit Fragen ihrer Geschlechtlichkeit ringen, die sich in ihrer Körperlichkeit nicht wohl fühlen, oder die Probleme mit ihrem Selbstwert haben.

Dazu gehören zum Beispiel:

  • Menschen, die in Beziehungen keine Sicherheit empfinden, die daher mit Verlassenheitsängsten, Scham und Misstrauen zu kämpfen haben.
  • Menschen, die sich in Beziehungen gefangen fühlen, leicht in Abhängigkeiten geraten oder glauben, sich für andere immer aufopfern zu müssen.
  • Menschen, die glauben, auf der Suche nach einem Partner niemals ans Ziel zu kommen und sich dann sozial isoliert und vom Leben vergessen fühlen.
  • Menschen, die Schwierigkeiten im Umgang mit Grenzen haben. Die entweder selbst keine Grenzen setzen können oder mit Grenzen anderer nur schwer umgehen können.
  • Menschen, die zu Unterwerfung, Selbstaufopferung neigen oder immerzu nach Anerkennung streben müssen, was zu einer Überforderung und ständiger Anspannung führt.

Seit Anfang unserer Tätigkeit sind wir auch Menschen begegnet, die ihre Sexualität konflikthaft empfinden. Teilweise, weil sie aufgrund ihrer Sexualität vor Konflikten der Lebensführung stehen, oder weil sie in sich einen Konflikt mit ihrer empfundenen sexuellen Strebung wahrnehmen, oder weil sich zwischen ihrer Sexualität und ihrem Glauben ein Konflikt auftut.

  • Menschen, die in ihrer Partnerschaft sexuell blockiert sind oder scheitern.
  • Menschen, in deren Partnerschaft die Sexualität zum Erliegen gekommen ist.
  • Menschen, die in ihrer Sexualität traumatisiert wurden.
  • Menschen, die sich als asexuell empfinden.
  • Menschen, die sich als sexuell süchtig erleben.
  • Menschen, die sich als pornografiesüchtig definieren.
  • Menschen, die den häufigen Wechsel von sexuellen Beziehungen als Konflikt empfinden.
  • Menschen, die zwischen der Ebene ihrer sexuellen Phantasien, ihrem sexuellen Verhalten, ihrem sexuellen Begehren und ihrer sexuellen Identität eine Inkongruenz wahrnehmen.
  • Menschen, die sich sexuell ausbeuten lassen oder zu sexueller Ausbeutung neigen.

Bis heute wollen wir in unserer Beratung Menschen einen Ort bieten, um ihren Konflikt in ihrer Persönlichkeit oder ihrer Sexualität zu verstehen. Das ist nicht einfach, denn gerade der Bereich Geschlechtlichkeit und Sexualität ist sehr komplex. Denn Sexualität ist zwar im Biologischen verankert, ist aber mehr als eine Körperfunktion. In sie fließen Komponenten des Biologischen, Psychischen und Sozialen (Umwelt und Kultur) ein. Aufgrund dessen ist unser Seelsorge- und Beratungsangebot streng ergebnisoffen. D.h., dass Seelsorge und Beratung niemals irgendwelche Ergebnisse vorwegnehmen kann und auch nicht darf. Wir können uns daher mit Ratsuchenden nur auf ergebnisoffene Prozesse und Wege begeben.

Wir haben es in der Vergangenheit oft erlebt, dass Menschen, die ihre Geschlechtlichkeit und/oder Sexualität konflikthaft erleben, gerade als gläubige Menschen auf Veränderung in eine bestimmte Richtung hoffen. Leider führt die Hoffnung auf Veränderungen, egal bei welchem Thema oder Problem, das in die Beratung oder Seelsorge als fest vorweggenommenes Ziel eingebracht wird, meist zu Enttäuschungen und psychischem Leid. Wir sehen unsere Aufgabe als Seelsorger und Berater darin, Leid zu verhindern. Daher bitten wir alle Menschen, die sich an uns wenden, sich auf einen im Ergebnis offenen Prozess einzulassen.

Vor diesem Hintergrund lehnen wir seit einigen Jahren auch jede Form der Konversionsbehandlung im Bereich sexueller Orientierungen ab und verwirklichen in unserem Institut die gesetzlichen Vorgaben des SOGISchutzG.

Was wir anbieten können, ist, dass wir Menschen mit einer konflikthaft empfundenen Geschlechtlichkeit und/oder Sexualität bei der Reflexion ihrer Lebenssituation ergebnisoffen begleiten, mit dem Ziel, ihren subjektiv empfundenen Konflikt selbstbestimmt zu verstehen. Erst dem Verstehen aber folgt die Lösung. Bei der Lösung handelt es sich aber immer um Wege, die jeder Mensch selbstbestimmt, selbstverantwortet und im Ergebnis offen beschreiten muss.

Was kann Beratung helfen? 

Unser Ansatz der Beratung, der in über 20 Jahren gewachsen ist, hat seinen Ursprung in der Selbsthilfearbeit, mit der wir um das Jahr 1997 begonnen haben. Wir, das waren Männer und Frauen, die ihre Geschlechtlichkeit und Sexualität konflikthaft empfanden. Hinter jedem von uns lagen Jahre, in denen wir verschiedene "Heilungsversuche" haben über uns ergehen lassen. Konversionsbehandlungen, Gebetsrituale u.v.a.m. Als wir 1997 begannen, wussten wir nur, dass uns keiner dieser Behandlungsversuche geholfen hatte, und dass wir uns von unserem eigenen Konflikt entfremden lassen. Immer hatten wir auf Deutungen anderer gehört. Zu wenig hatten wir uns selbst gefragt, wie wir selbst den Konflikt in uns spüren und wahrnehmen. Gemeinsam ermutigten wir uns, diese Passivität hinter uns zu lassen, um in Bezug auf unseren Konflikt zu einer eigenen Stimme und zu eigener Kompetenz zu finden.

Daraus ist ein wesentlicher Grundsatz unseres Seelsorge- und Beratungsansatzes gewachsen: Der kompetente Ratsuchende! Unser erstes und wichtigstes Ziel in der Beratung ist seither, dass jeder Mensch seinen Konflikt selbstbestimmt versteht. Denn nur wenn ein Mensch seinen Konflikt in seinem Denken und Fühlen selbständig nachvollziehen und in seinem Handeln beobachten kann, kann er zu der Motivation finden, die ihn auf dem oft steinigen Weg hin zu einer Lösung hält.

Verstehen ist aber nur ein erster Schritt. Daher ist das Ziel unserer Beratung verbunden mit dem Wunsch, dass jeder Ratsuchende befähigt wird, seinen Alltag glücklicher und freier zu leben. Dazu gehört die Fähigkeit, in Beziehungen ein sicheres Zuhause zu finden, und die eigene Kreativität und Gabe als Kraft zu entdecken, um das Leben gestalten zu können. In diesem Ziel sehen wir nicht nur die Grundbedingung für ein psychisch und sozial gelingendes Leben, sondern auch das Ziel für ein Leben in der Nachfolge Jesu. - Da der Weg zu diesem Ziel nur vom Ratsuchenden selbst beschritten werden kann, will unsere Beratung vor allem die Kompetenzen im Ratsuchenden fördern, die ihm ermöglichen, befreiter und gelingender zu leben.

Das Verstehen des Konfliktes beginnt immer wieder mit der Frage: Was ist mein Konflikt?

"Was ist der Konflikt, über den du im Alltag immer wieder stolperst?"

Was können Konflikte im Bereich von Geschlechtlichkeit und Sexualität sein?

Bei genauem Hinsehen gibt es viele verschiedene Stolpersteine, an denen Menschen beginnen können, ihren Konflikt zu verstehen. Zu unterscheiden ist, mit welchem Konflikt Menschen in die Beratung kommen. So muss man streng zwischen Konflikten der Persönlichkeit, des Selbstwertes und der Emotionsregulation einerseits und Konflikten im Bereich von Geschlechtlichkeit und Sexualität unterscheiden. Denn vor allem letztere können eine unterschiedliche Gestalt haben und müssen daher sehr differenziert betrachtet werden. - Daher zuerst die Frage, was können denn die Stolpersteine für Konflikte im Bereich von Geschlechtlichkeit und Sexualität sein?

  • Ein Stolperstein kann die Lebenssituation sein, in der man sich aktuell befindet. So stellt ein Mensch zum Beispiel in Bezug auf seine Sexualität fest, dass er häufig die Partner wechselt, und er fragt sich: warum kann ich nicht bei einem Partner bleiben? Ein anderer Mensch erlebt, dass er Beziehungen immer nur mit Sex beginnen kann. Bei ihm gibt es das normale Kennenlernen gar nicht. Er fragt sich, warum er in einer Partnerschaft immer gleich so viel Intimität herstellen muss? Eine anderer Mensch stellt fest, dass er sich immer wieder in Beziehungen begibt, in denen er sich unterordnen muss. Warum ist es ihm nicht möglich, eine selbstbewusste Partnerschaft zu leben? Ein anderer Mensch erotisiert zwei verschiedene Geschlechter und er fragt sich, wie er auf der Grundlage dieses Empfindens seine Sexualität gestalten und leben soll? etc.
  • Ein zweiter Stolperstein findet man manchmal auf der Achse von Bindung und Autonomie. So sagt die Psychologie, dass der Mensch fähig sein muss, auf Menschen, mit denen er Beziehung lebt, einzugehen; er muss aber auch die Grenzen seines eigenen Personseins - also seiner Autonomie - wahren können. - Gerade unter Menschen, die ihre Sexualität und Geschlechtlichkeit konflikthaft empfinden, gibt es immer wieder Menschen, die sich selbst vergessen, weil sie sonst Angst vor Verlassenheit haben, oder sich selbst stark abgrenzen müssen, weil sie sonst befürchten, in der Beziehung verschlungen zu werden.
  • Ein dritter Stolperstein kann eine Inkongruenz im Erleben einer sexuellen Orientierung sein: Jede sexuelle Orientierung besteht aus den Ebenen der Phantasie, der Anziehung, des Verhaltens und der Identität. Zwischen diesen Ebenen können Menschen eine Inkongruenz erleben, zum Beispiel: Ein Mensch erlebt eine sadomasochistische Fantasie, die er aber nicht auf der Ebene des Verhaltens ausleben will, sondern zurückhält. Die Person leidet aber unter dieser Inkongruenz. Eine Person hat zeitweise ein bestimmtes sexuelles Verhalten, etwa heterosexuell oder homosexuell, fühlt sich aber erotisch in eine andere Richtung angezogen. Eine Person hat für sich eine bestimmte sexuelle Identität entwickelt und sozial verwirklicht, merkt aber dann, dass auf der Ebene der Phantasie und/oder auf der Ebene des Begehrens andere Sehnsüchte gegenüber anderen Partnern auftauchen. (u.a.m.)
  • Ein vierter Stolperstein kann die Moral sein: Eine Person erlebt eine bestimmte Form der Sexualität, kann sie aber nicht in ihr moralisches Weltbild integrieren.

Da es gerade bei Konflikten im Bereich von Sexualität und Geschlechtlichkeit sehr viele vereinfachte Problemannahmen und Deutungen gibt, ist es uns wichtig, dass Menschen zunächst die Stolpersteine ihres Problems auffinden. Denn oft haben wir erlebt, dass gerade gläubige Menschen, die Konflikte in ihrer Sexualität oder Geschlechtlichkeit empfinden, schnell zu lebensgeschichtlichen Deutungen greifen und ihr Leben daran interpretieren. Dies aber kann auf Abwege führen und am eigentlichen Konflikt vorbeigehen. Daher machen wir Menschen mit diesen Konfliktlagen Mut, in ihrem Alltag mit der Frage nach dem Konflikt zu beginnen. Denn letztlich können in einer Beratung nur reale Konflikte bearbeitet werden.

Wie der eine oder andere Konflikt dann zu lösen ist, muss die Beratung zeigen. Da Sexualität und Geschlechtlichkeit im Menschen sehr komplex angelegt sind, kann man hier nur Schritt für Schritt vorangehen. Hierzu braucht der Ratsuchende dann Mut und Geduld mit sich selbst und die Offenheit für alles, was ihm an Erkenntnis auf diesem Weg entgegenkommt. Daher ist die Beratung im Bereich konflikthaft empfundener Sexualität und/oder Geschlechtlichkeit, bei uns streng ergebnisoffen.

Was können Konflikte im Bereich der Persönlichkeit oder Beziehungsfähigkeit sein?

Menschen sollten aber auch bei Konflikten, die sie in ihrer Persönlichkeit und in ihrer Beziehungsfähigkeit oder Emotionsregulation empfinden, im Alltag beginnen. In welchen Alltagssituationen lösen sich diese Konflikte aus? Wo gerate ich mit meinem Selbstwert in die Krise? Wo entstehen in mir Beziehungsängste oder der Wunsch, mich von Menschen zu distanzieren? In welchen Situationen passiert mir, dass sich meine Emotionen scheinbar verselbständigen? Oder wann und wo passiert es mir, dass ich in mir den Drang spüre, aus einer Situation zu verschwinden oder aggressiv zu werden?

Menschen sind oft überrascht, dass dieses einfache Schauen auf den Alltag oft hilft, konkrete Konfliktmuster zu erkennen. Um Menschen darin zu unterstützen haben wir ein Instrument entwickelt, mit dem sie dies möglichst selbständig und selbstbestimmt tun können. Das Instrument ist angelehnt an die Schematheorie und kann dem Menschen zur Erkenntnis von bestimmten Mustern und Lebensfallen helfen.

Hat er diese erkannt, dann stellt er oft fest, dass er gelernte Lebensmuster in seinen Beziehungen wiederholt, oder dass es ihm passiert, dass er als Person immer wieder im Abseits des Lebens landet.

Wie wir unsere Beziehungen oder unseren Selbstwert heute erleben, hängt oft mit der Art und Weise zusammen, wie wir die Beziehungen, die uns Halt, Sicherheit und Selbstwert vermitteln sollten, erlebt haben, und wie sich dieses Erleben in unser Gehirn eingebrannt hat. Mit dem Wort Erleben deuten wir an: Bei der Entstehung von inneren Konflikten kommt es nicht immer darauf an, ob Mutter oder Vater wirklich verletzend waren. Vielmehr kommt es darauf an, ob wir in uns diese Beziehung als etwas erlebt haben, das uns zum Leben, zum Vertrauen in Beziehungen und zum Wert unseres Personseins ermutigt hat oder eben nicht. Haben wir sichere Beziehungen nicht als ermutigend erlebt, dann hat sich in der Folge ein Muster oder ein Schema des Zweifels am Leben, an Beziehungen und an unserer Person ausgebildet. Wie wir heute aus der Hirnforschung und aus bildgebenden Verfahren wissen, haben sich diese Muster als sogenannte Schemata in unser Gehirn eingebrannt. Im Leben folgen wir daher schematisch und automatisch diesen Mustern, die schneller funktionieren als bewusstes Nachdenken.

Die Pfeiler unser Beratung bei Konflikten im Bereich der Person oder Beziehungsfähigkeit sind daher das Verstehen der sich automatisch wiederholenden Muster, und die Veränderung dieser Muster. Da die Muster aber durch den Zweifel an halt- und sicherheitgebenden Beziehungen entstanden sind, ist ein weiterer Pfeiler unserer Beratung die korrigierende Beziehungserfahrung.

Voraussetzung für die Beratung 

Eine Beratung, in der der Ratsuchende seine Muster versteht und aktiv verändert, bedingt die Bereitschaft, an seinem Konflikt wirklich arbeiten zu wollen: in jeder Beratungssitzung und im Alltag. Damit ist ebenso die Bereitschaft verbunden, in den alltäglichen Konflikten die Spuren vergangener Beziehungserfahrungen zu verstehen, wie sich auf das Abenteuer neuer Beziehungserfahrungen einzulassen. Manchmal muss man dazu die Wohlfühlzone, in die man sich aufgrund seines Konfliktes zurückgezogen hat, verlassen. Denn nur dort, wo ich mich mit Menschen und Beziehungen umgebe, die mich zu neuen Beziehungserfahrungen herausfordern, kann Veränderung geschehen. Zur verändernden Arbeit gehört daher auch die Veränderung des sozialen Netzes. Unser Motto dabei ist: Veränderung hat etwas mit Veränderung zu tun! Wer sein Leben behutsam, aber gezielt verändern will, dabei aber auch Angst spürt und Zweifel hat, sich aber trotzdem auf Begleitung einlassen will, findet bei uns offene Türen.

Was kann Seelsorge helfen? 

Psychologische Beratung und Seelsorge haben für viele Christen nichts miteinander zu tun. Es muss daher gefragt werden: Wie kann Seelsorge bei psychischen Konflikten und Konflikten in der Persönlichkeit überhaupt helfen?

Wie Seelsorge bei Konflikten im Bereich Persönlichkeit und Beziehungsfähigkeit helfen kann, kann man verstehen, wenn man sich bewusst macht, dass Konflikte im genannten Bereich ihren Ursprung in solchen Beziehungen haben, die uns Halt und Sicherheit hätten geben sollen. Wie die Bindungsforschung und die Säuglingsforschung heute wissenschaftlich belegen, bilden sich durch die Bindungen zu unseren Eltern und zu Pflegepersonen Muster in uns aus, die uns befähigen, Beziehungen zu vertrauen, und uns selbst als eigenständige und kreative Personen zu erfahren. Wo Bindungen krisenhaft wahrgenommen wurden, bilden sich Muster der Angst, des Misstrauens, des Selbstzweifels etc. aus, durch die dem Menschen der Weg zu einem befreiten Beziehungs- und Selbsterleben versperrt ist.

Die Frage, wie Seelsorge bei Konflikten in der Persönlichkeit und Beziehungsfähigkeit helfen kann, ist damit noch nicht beantwortet. Eine grundlegende Tatsache hat aber die wissenschaftliche Psychologie - vor allem die Erkenntnisse der Bindungsforschung - heute empirisch belegt: Der Mensch wird am Du zum Ich. Ein Blick an den Anfang der Bibel (Genesis 1 und 2) oder in den Prolog des Johannesevangeliums (Johannes 1) genügt, um festzustellen: Auch die Bibel bezeugt, dass der Mensch am Du zum Ich wird. So kommt der Mensch durch das Angesprochensein Gottes zu seinem Selbstverständnis als Ebenbild Gottes (Genesis 1). Und er gewinnt durch die Aufnahme Jesu in seinem Herzen die Gotteskindschaft (Johannes 1). Die Beziehung zu Gott und Personsein stehen also in einem engen Zusammenhang. - Damit deutet sich an: Gott macht uns ein Beziehungsangebot, durch das er das Innerste unseres Personseins berühren, segnen und stärken will. Damit ist gesagt: Die psychologische Frage nach Persönlichkeit, Selbstwert und Beziehung ist schon immer auch eine geistliche Frage und umgehkehrt: In der Frage nach unserer Persönlichkeit ist schon immer die Frage nach Gott eingelagert, der uns unsere Bestimmung und den Sinn unseres Daseins letztursprünglich zuspricht. Daher verändert die Beziehung zu Gott nicht nur unser geistiges Bewusstsein über uns selbst; vielmehr sind wir in unserer Beziehung zu Gott immer schon als psychische Wesen angesprochen und erfahren darin ein wesentliches Mittel zur Lösung von Konflikten in unserem Leben.

Dabei hat die Beziehung zu Gott schon immer einen befreienden und bestätigenden Effekt gegenüber allen anderen Beziehungen: Denn Gott ist treu. Er ist treu als der Vater, der uns unsere Ebenbildlichkeit zuspricht, und der uns als Träger seines Ebenbildes begegnen will. Er ist treu als der Sohn Gottes, der für uns stirbt und uns durch seine Auferstehung den Weg frei macht, dass wir Kinder Gottes heißen können. Und er ist treu im Heiligen Geist, mit dem Gott uns ganz nahe kommt, in dem er mit unserem Geist redet, uns tröstet und uns lebendig macht (vgl. Römer 8).

Unser seelsorgerliches Arbeiten mit Ratsuchenden steht auf dieser hier nur skizzenhaft angedeuteten Basis.

​Ziel der Seelsorge - Die Heilung der Gottesbeziehung

Menschen, die ihre Geschlechtlichkeit und/oder ihre Sexualität krisenhaft erleben, haben es oft schwer, Gottes Treue als Vater, Sohn und Heiliger Geist auf ihr Leben und ihr Personsein zu beziehen. Nicht selten fühlen sie sich von Gott verlassen oder enttäuscht. Wieder andere haben Gott und den christlichen Glauben als etwas Angstmachendes oder Bedrohliches erfahren. Und manche betroffene Menschen glauben, dass sich erst durch skrupulöse Befolgung von religiösen Inhalten etwas in ihrem Leben lösen kann.

In der Seelsorge arbeiten wir daher mit Ratsuchenden an einem biblisch begründeten Gottesbild, indem wir jeden Einzelnen mit einer persönlich gestalteten, lebendigen, dialogischen Gottesbeziehung bekannt machen wollen.

So sehen wir in der Seelsorge nicht eine Disziplin, die sich ganz anders als die Psychologie auf den geistigen Teil des Menschen bezieht. Vielmehr sehen wir die Seelsorge als Chance zu einer Beziehungserfahrung mit Gott, die mehr als andere Beziehungserfahrungen helfen kann, sich ganzheitlich - geistlich und psychisch - in seinem Menschsein zu empfangen.

Überwindung krankmachender Gottesbilder 

Daher wollen wir Ratsuchenden helfen, krankmachende, dunkle, lebensfeindliche Gottesbilder in ihrem Leben zu identifizieren.

  • Wir wollen helfen, den dreieinigen Gott als lebensschaffendes Gegenüber erfahren zu können.
  • Wir wollen helfen, magische und skrupulöse Glaubenspraktiken zu verhindern, indem wir mit Ratsuchenden an einem inhaltsbestimmten und biblisch fundierten Gottesbild arbeiten.
  • Wir wollen helfen, falsche Schuldgefühle auszuräumen und zu einer Glaubenspraxis zu finden, in der sich der Mensch vor Gott verantwortet.
  • Wir wollen helfen, Vernachlässigung, Verletzung, Missbrauch und viele andere Lebenswunden im Licht der biblischen Verkündigung zu verstehen, und wollen den dreieinigen Gott bekannt machen, der immer schon unser Leben gewollt und sich daher in Christus mit dem ungerechten Leiden, das uns widerfahren ist, eins gemacht hat.
  • Wir wollen helfen, dass Menschen verstehen: nicht Perfektion ist das Ziel von Beratung und Seelsorge. Vielmehr muss jeder Mensch seine Zerrissenheit bejahen, in die uns das Leben hineingestellt hat. Das aber können wir, weil Jesus Christus sich selbst als zerrissener Mensch am Kreuz offenbart hat. Er zeigt uns, was Menschsein ist, und dass es im Menschsein nicht um fertige Lösungen geht, sondern um Offenheit. So sind wir durch Jesus eingeladen, unser Leben in aller Unabgeschlossenheit Gott dem Vater anzuvertrauen, wie Jesus es getan hat.

Lebendige Glaubens- und Lebenspraxis 

Daher arbeiten wir mit den Ratsuchenden, die das wünschen, an einer Glaubenspraxis, die zum personalen, dialogischen Leben mit dem dreieinigen Gott hilft.

  • Dazu gehört das lebendige Lesen der Heiligen Schrift und die Erfahrung, dass Gott uns durch sein Wort anspricht.
  • Dazu gehört das dialogische Gebet mit dem dreieinigen Gott, der nicht nur angebetet werden will, sondern der uns täglich als Du begegnen will.
  • Dazu gehört, dass Ratsuchende lernen, ihr Leben aus dem liebenden, aber auch herausfordernden Blick Gottes wahrzunehmen.
  • Dazu gehört eine Anleitung, wie wir aus dem Gnadengeschenk der Sakramente Leben schöpfen und Gott als ein Du erfahren können, das uns wirklich versorgt.

Hilfe zur Selbsthilfe

Weil jeder einen individuellen Glauben hat, können wir den persönlichen Glaubensweg von Ratsuchenden nur im gemeinsamen Hören unterstützen. Richtschnur dabei ist allein die Heilige Schrift und die Lehre der Kirche.