Entwicklungssensible Sexualpädagogik (ESSP) swap_horiz

Entwicklungssensible Sexualpädagogik will mehr, als heranwachsende, junge Menschen über Sexualität aufzuklären. Entwicklungssensible Sexualpädagogik stellt sich der Herausforderung, dass der Mensch bei der Aneignung und der Herausbildung einer individuellen Sexualität heute vor einer komplexen Aufgabe steht.

  • So muss der heranwachsende Mensch die biologische Seite seiner Sexualität integrieren;
  • er muss aber auch die psychischen Herausforderungen bewältigen, die durch die Sexualität an sein individuelles Frau- oder Mannsein herangetragen werden. So geht es auf einmal um Fragen der eigenen Körperlichkeit und Attraktivität für andere. Und auch die Beziehungen, die bislang selbstverständlich gelebt wurden, erscheinen durch die Geschlechtsreife in einem neuen Licht.
  • Der heranwachsende Mensch sieht sich mit seiner Sexualität auch einer Kultur und Gesellschaft gegenüber, die ihm unterschiedliche sexuelle Konzepte anbietet. So konkurriert das Konzept der lebenslangen, monogamen sexuellen Bindung an einen Partner mit dem Konzept wechselnder sexueller Beziehungen; das Konzept, Sexualität solle in einer festen Beziehung gelebt werden, konkurriert mit dem Konzept, dass Sexualität eine Möglichkeit der Bedürfnisbefriedigung unter anderen ist. Das Konzept der Heterosexualität, dem international immerhin über 95% der Bevölkerung folgen, konkurriert mit dem Konzept sexueller Vielfalt, nach dem man seine sexuelle Orientierung und Praxis wechseln kann etc. - All diese Konzepte sind für junge Menschen nicht irgendwelche fernen Informationen, sondern werden heute politisch gewollt in Schulen getragen.

In diesem Kontext von Biologie, Psychologie, Gesellschaft und Kultur versteht sich die Entwicklungssensible Sexualpädagogik als ein lebenslaufbegleitender Ansatz, der jungen Menschen helfen will, Sexualität in ihre Gesamtpersönlichkeit zu integrieren, mit dem Ziel der pädagogischen Förderung von Grundlagen gelingender Sexualität.

Dabei soll dem jungen Menschen im Spannungsfeld von Biologie, Psychologie und kulturellen Sexualentwürfen und normativen Anforderungen, die heute an Sexualität gestellt werden, geholfen werden, seine Sexualität zu verstehen, und sie entlang selbstgesetzter und selbst ausgehandelter Sinnhorizonte in sein Personsein zu integrieren.

Entwicklungssensible Sexualpädagogik will Kinder, Jugendliche und Heranwachsende dort abholen, wo sie stehen. Daher fragt sie sich, wie der junge Mensch seine Sexualität und Fragen der Geschlechtlichkeit altersspezifisch versteht. Sie orientiert sich dabei an modernen entwicklungspsychologischen Erkenntnissen, die ein vertieftes Verständnis von Kindern und Jugendlichen erlauben.

Die Entwicklungssensible Sexualpädagogik wird verwirklicht:

  • als Fortbildungsprogramm zum Entwicklungssensiblen Sexualpädagogischen Begleiter ESSP für Jugendreferenten, Jugendleiter, Gemeindepädagogen etc.
  • als Hochschulestudiengang, der 8 Module umfasst, zum Entwicklungssensiblen Sexualpädagogen ESSP (http://leib-bindung-identitaet.org).

Einzelne Kurse können auch als In-House-Training für die Leiterinnen und Leiter von Jugendarbeit in Gemeinden durchgeführt werden.

Einblick in Themen und Inhalte 

Hier ein kleiner Einblick in die Themen und Inhalte der entwicklungssensiblen Sexualpädagogik. Die Liste der Themen ist nur beispielhaft und nicht abschließend. Interessiert sie ein Thema, dann fragen sie uns einfach an:

  • Konzepte sexueller Entwicklung verstehen: Was ist Sexualität? Wie ist das Zusammenspiel von Sexualität und Psyche, Sexualität und Kultur, Sexualität und Moral? Gibt es gelingende Sexualität?
  • Sexualität und körperliche Entwicklung: Was geschieht in der Pubertät? Wie nimmt der junge Mensch seine geschlechtliche Entwicklung wahr (entwicklungspsychologische Hintergründe und pädagogisches Fallverstehen)? Kreative Formen der sexualpädagogischen Begleitung im Bereich Körper, sexueller Reifung und Aufklärung.
  • Sexualität und Persönlichkeit: Wie hängt die Entwicklung von Sexualität mit der Frage der Identitätsreifung in der frühen, mittleren und späten Adoleszenz zusammen? Welche Chancen und Risiken beinhaltet dieser Prozess? Wie kann entwicklungssensibel sexualpädagogisch begleitet werden?
  • Frühe romantische Beziehungen: Wie entwickeln sich erste Liebesbeziehungen? Welche Rolle spielt in frühen Liebesbeziehung die Persönlichkeitsreifung des jungen Menschen? Welche Rolle spielt die soziale Gruppe und der kulturelle Kontext? Wie kann man junge Menschen in frühen romantischen Beziehungen begleiten?
  • Sexualität und Kindheit: Haben Kinder eine Sexualität wie Erwachsene? Wie entwickelt sich Sexualität in der Kindheit? Welche Risiken birgt die Entwicklung in der Kindheit? Wieviel sexuelle Aufklärung will ein Kind?
  • Sexualität, Sucht und Pornografie: Sexuelle Sucht bei heranwachsenden jungen Menschen verstehen. Die Rolle sexueller Phantasien verstehen. Sexualität und sexuelles Handeln im Kontext von Serien, Chatrooms und Pornografie verstehen. Wege der Hilfe und sexualpädagogischen Begleitung.
  • Sexualität und sexuell grenzverletzendes Verhalten von Kinder und Jugendlichen: Wann sprechen wir von sexuell grenzverletzendem Verhalten? Wie kann man grenzverletzendem Verhalten vorbeugen? Pädagogische Interventionen beim Umgang mit sexuell grenzverletzendem Verhalten. Pädagogischer Umgang mit Opfern und Umgang mit Tätern. Rechtsfrage: Kindschutz!

Weiterführende Texte 

  • Entwicklung von Sexualität: Sexualität fällt nicht vom Himmel
  • Gelingende Sexualität: Das Ziel entwicklungssensibler Sexualpädagogik
  • Sexualpädagogik: ein Auftrag für die Gemeinde: Diakonat Sexualpädagogik
  • Kindheit und Sexualität: Hintergrundinformation